Tag 4, Teil 2 - 05. Mai 2022

Gschliefgraben Gmunden - Risikomanagement eines Erdstroms

Erstellt von Georg Kurzbauer & Johanna Lütterfelds

Am Nachmittag des vorletzten Tages der Exkursion konnte, dank Wetter-Westlage dann doch die Auffahrt mit der Grünberg Seilbahn auf ca. 1.000 Meter stattfinden, auf der Anfahrt stand dies kurzzeitig wegen eines drohenden Gewitters in Frage. Ziel des Nachmittages war es, nun auch den Naturraum und die davon ausgehenden Gefahren am Beispiel der geologischen Phänomene am Fuße des Traunsteins anhand des dort befindlichen Erdstroms näher zu durchleuchten. Hier hat es in der Vergangenheit, zuletzt 2007/2008, teils massive Erddeformationen und Felsstürze gegeben, welche massive Kosten verursacht haben und 55 Gebäude betraf. So mussten Anwohner teils 8 Monate lang evakuiert und aufwändige Sanierungsmaßnahmen getroffen werden.

Bereits bei der Auffahrt begann Dr. Johannes Weidinger, Direktor des Kammerhof Museum Gmunden, mit einer kurzen Einführung über die geomorphologischen Beschaffenheiten der Umgebung rund um den Traunsee, die sich bei der Auffahrt bei Sonnenschein in vollstem Glanz präsentierte. Weiter ging es am Grünberg zu Fuß dann in Richtung Laudachsee mit einem detaillierten Überblick zu Material, Tektonik, und den zu Grunde liegenden Erosionsprozessen, wie sie im Gschliefgraben zu finden und bereits gut erforscht sind. Ein weiteres Element, das für die Vorgänge am Gschliefgraben essenziell ist, ist das Thema Niederschlag. Es findet sich hier eine Nordstaulage, mit Niederschlägen von bis zu 2.000 mm pro Jahr. Dies ist deswegen von Relevanz, da die Feuchtigkeit des Untergrunds der Motor für die Erdbewegung ist. Auch der Traunstein, an den der Gschliefgraben angrenzt, befeuert die Erdbewegungsprozesse durch kontinuierlich abfließendes Karstwasser. Mögliche Auslöser für gravitative Massenbewegungen sind laut Dr. Weidinger Niederschlagsperioden, Kahlschlag, Sturzprozesse vom Traunstein, und lockeres Oberflächenmaterial. Letzteres führt zu Muren, die als einziges stoppbar sind.

Im Gelände war an vielen Punkten deutlich die Bewegung des Untergrunds erkennbar, nachdem Dr. Weidinger auf verschiedenste visuelle Anhaltspunkte hingewiesen hat. So z.B. sind Scherrisse erkennbar, wie auch Totholz, Überreste von Hangrutschungen und Steinschlägen, Lärchenstämme, die der Bewegung sichtbar kaum standhalten können, usw.

Auch der sogenannte „betrunkene Wald“ ist ein deutliches Indiz für die darunterliegenden Erdbewegungen, auch wenn der stimmige Name ein positiveres Phänomen vermuten lassen würde. Tatsächlich handelt es sich hier um teilweise chaotisch verkippte bzw. schräg stehende Bäume, wie z.B. Säbelbäume.

Während der Begehung des Gschliefgrabens verdeutlichte Dr. Weidinger an verschiedensten Punkten die Maßnahmen, die im Laufe der Jahre gesetzt wurden, um den Bewegungsprozessen entgegenzuwirken. Dies umfasst unter anderem Tiefendrainagen, Rückhaltebecken, Notgerinne, Entlastungsbohrungen, fischgrätartige Drainagen, Abspundung, Verwendung von Pumpen, Aufschüttungen, Waldverjüngung und Aufforstung. So konnte im Jahr 2007/2008 die Rutschung von 20 cm pro Woche auf 2 cm pro Woche reduziert werden. Die höchsten Bewegungen im Herbst 2007 lagen bei 4,5m pro Tag, die durch alle Maßnahmen zusammen auf gegen Null reduziert werden konnten. Die Umsetzung jeglicher Maßnahmen werden generell durch die konstante Bewegung erschwert, daher muss viel an der Oberfläche erfolgen, da die im Untergrund positionierte Messsensorik sonst zu Schaden kommen würde.

Am Gschliefgraben ist nach wie vor ein dauerhaftes Monitoring des Erdstroms zum Zwecke eines Frühwarnsystems im Einsatz, wenn auch aus Kostengründen auf minimaler Basis. Auch wird nach wie vor viel geforscht. Zu erwähnen sind hier z.B. Abflussmessungen, Klimamessungen, Einsatz von Geophonen, Laserscans, Geoelektrik, und Lichtwellenleiter.
Der spannende Nachmittag lieferte ganz unterschiedliche Einblicke, vom Thema Öffentlichkeitsarbeit, Medienberichterstattung, über einen kurzen historischen Abriss über die sich in der Gefahrenzone befindlichen Gebäude, Komplexität von Bebauung in Gefahrenzonen, Naturschutz, Verlust von historischem Wissen rund um Naturgefahren, politische Realität in puncto Naturgefahrenmanagement, und vieles mehr!