Blogbeitrag zur Pharmakobotanischen Exkursion 2024 auf der Turracher Höhe
Bereits seit über vier Jahrzehnten bietet das Postgraduate Center der Universität Wien Studierenden und botanisch Interessierten die Gelegenheit, unsere heimische Flora genauer unter die Lupe zu nehmen. Expert*innen der Biologie und Pharmazie lassen die Teilnehmer*innen eine Woche lang in das Gebiet der Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) eintauchen und führen dabei an die schönsten Plätze unseres Landes. Besonders für Studierende der Pharmazie ist die Exkursion ein Highlight, da sie die einmalige Gelegenheit bietet, seltene heimische Arzneipflanzen in Natura kennenzulernen. Dank der Unterstützung führender pharmazeutischer Unternehmen wird ausgezeichneten Studierenden eine Teilnahme mittels Stipendiums ermöglicht. Die diesjährigen Stipendiat*innen berichten im Folgenden von einer einzigartigen Woche auf der Turracher Höhe.
Ankunft auf der Turracher Höhe: Ein botanisches Abenteuer beginnt…
Am Samstagabend erreichten wir die malerische Turracher Höhe. Die Reise war bereits ein Erlebnis für sich: Ab Unzmarkt ging es mit der Murtalbahn durch Täler und wunderschöne Landschaften, und mit dem Taxi fuhren wir weiter bis auf das idyllische Hochplateau. Nach einem herzlichen Empfang im Hotel „Alpenrose“ und einer kleinen Vorstellungsrunde gab es Abendessen, um uns für den nächsten Tag zu stärken. Am Morgen erwartete uns ein ausgiebiges Frühstück und dann machten wir uns bereit, die faszinierende Pflanzenwelt der Region zu erkunden. Gut ausgerüstet mit Notizbüchern, Proviant und Regenschutz, starteten wir unsere Wanderung direkt vom Hotel „Alpenrose“ aus. Der Morgen war frisch, und die klare Bergluft erfüllte uns mit Energie. Immer wieder legten wir Stopps ein, um gemeinsam verschiedene Pflanzen zu besprechen. Ao. Univ.-Prof. Dr. Johannes Saukel und David Prehsler B.Sc. erklärten uns die charakteristischen Merkmale, anhand derer wir die Pflanzen bestimmen konnten, und ao. Univ.-Prof. Dr. Sabine Glasl-Tazreiter berichtete von ihren pharmazeutischen Anwendungen sowie ihrer Bedeutung in der traditionellen Medizin. Unter anderem sahen wir Arnika, die mit ihren leuchtend gelben Blüten oft zur Behandlung von Prellungen und Entzündungen verwendet wird. Wir lernten, wie man sie anhand ihrer charakteristischen Blattstellung, den Blütenköpfen mit Pappushaaren und ihrem unverwechselbaren Geruch wiedererkennen kann. Am Abend, nach einer erfolgreichen Wanderung und der Entdeckung vieler faszinierender Pflanzen, versammelten wir uns auf der Terrasse des Hotels. Anhand der Exkursionsfloren (Bestimmungsbücher) von Österreich, Deutschland und der Schweiz, bestimmten wir weitere Pflanzen, die wir tagsüber gesammelt hatten. Diese vertiefte botanische Bestimmung rundete unseren ersten Tag perfekt ab und ließ uns die Vielfalt und Schönheit der Alpenflora noch mehr schätzen.
Montag, 1. Juli: Rainy Days and Mondays
Nach der morgendlichen Stärkung war uns am zweiten Tag aufgrund des Wetters schnell klar, dass es heute nicht hoch hinaus gehen würde. Aber wir lebten nach dem Motto: „Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung!“. Wir schnappten unsere Regenjacken, trotzten den Regentropfen und bewunderten die Flora vor unserer Haustür. Am Nachmittag wärmten wir uns mit Tee und Kaffee auf und hatten viel Zeit, unser Wissen im Umgang mit der Exkursionsflora unter Beweis zu stellen. Auch unsere Mikroskopie- Kenntnisse konnten wir auffrischen und so manch auffällige Behaarung der Pflanzen unter vielfacher Vergrößerung bestaunen. Die am ersten Tag gesammelten Objekte fielen dieser Aufgabe zum Opfer und wurden anhand ihrer zahlreichen morphologischen und anatomischen Merkmale untersucht. Mit einem leckeren gemeinsamen Mahl und viel Gelächter ließen wir den Abend ausklingen. Danach ging es schnell ins Bett, um Kraft für die erste Gipfelbesteigung zu tanken.
Dienstag, 2. Juli: Durch Wind und Sturm
Auch dieser Tag startete wieder mit einem ausgiebigen Frühstück und dem Packen unserer Lunchpakete. Gestärkt und gut ausgerüstet versammelten wir uns dann am Treffpunkt vor unserer Pension und fuhren mit Autos zum Startpunkt unserer Wanderung, dem Parkplatz der Panoramabahn. Dort angekommen, ging es dann ziemlich schnell steil bergauf und wir konnten die Pflanzenwelt der höheren Lagen bewundern. Leider hat es relativ bald sehr stark zu regnen und winden begonnen, weshalb wir uns mehr auf unseren Tritt als auf die Umgebung konzentrieren mussten. Auch die Zeit für das Besprechen der Pflanzen musste auf zuhause warten. Trotz des schlechten Wetters kämpften wir uns weiter hinauf bis zu einer Berglift-Station. Dort beruhigte sich das Wetter etwas und wir konnten die vorgefundenen Tische für unsere Mittagspause nutzen. Und als könnte es nicht besser passen, kam zu diesem Zeitpunkt auch noch kurz die Sonne hervor. Einige sind dann sogar noch ein Stückchen weiter gewandert, um den Ausblick vom Gipfel zu genießen, der es auf jeden Fall wert war! Danach ging es wieder an den Abstieg, das Wetter war nach wie vor wechselhaft und es hieß wieder: eher zügig voran! Zum krönenden Abschluss dieser anspruchsvollen aber gelungenen Wanderung trauten sich einige Mutige für die letzten Meter auf die Sommerrodelbahn. Die Fahrt mit dem “Nocki-Flitzer” ging nicht nur sehr schnell, sondern war auch sehr lustig!
Mittwoch, 3. Juli: Seen-Rundwanderweg
Ausgehend vom Parkplatz der Panoramabahn, sind wir heute entlang dem „Turracher 3 Seen Weg – Weg der Sinne zwischen Berg & See“ spaziert. Der Turracher See ist der größte der drei Seen (Turracher See, Grünsee, Schwarzsee) und an manchen Stellen sogar bis zu 33 Meter tief. In seiner Umgebung gibt es viele spannende Pflanzen zu entdecken. Zum Beispiel haben wir Steinbrech (Saxifraga sp.), Wald-Storchschnabel (Geranium sp.), Lichtnelken (Silene sp.), Eisenhut (Aconitum sp.), Fuchs-Greiskraut (Senecio sp.), Kümmel (Carum sp.) und noch viele weitere bewundern können. Unser Rundweg führte uns schließlich zu einem Hochmoor mit beeindruckender Flora, wie der Alpen-Trauerblume (Bartsia sp.) oder dem fleischfressenden Sonnentau (Drosera sp.). Den Abschluss machte die Erlebniswelt „Mythos Edelstein Kranzelbinder“, wo fleißig Erinnerungsstücke gekauft wurden. Vor dem Abendessen wurden unsere botanischen Entdeckungen wieder eifrig bestimmt.
Donnerstag, 4. Juli: Rauf auf den Gipfel!
Wie jeden Morgen, starteten wir auch am Donnerstag mit einem guten Frühstück in den Tag – diesmal musste es reichhaltig sein, denn es ging wieder auf einen Gipfel. Zu Beginn der Wanderung wurde Petasites hybridus besprochen, deren riesengroße Blätter - wie sich herausstellte - sich auch optimal als Sonnenhut eigneten. Ao. Univ.-Prof. Dr. Sabine Glasl- Tazreiter erklärte uns die Unterschiede der Gattungen Petasites sp., Tussilago sp., Adenostyles sp. und Caltha sp.. Da diese leider immer wieder Verwechslungen zum Opfer fallen und teils lebertoxische Pyrrolizidinalkaloide erhalten, ist es besonders wichtig, über sie genauer Bescheid zu wissen. Etwas weiter oben, konnte man dann bei jedem Schritt die Gämsheide (Loiseleuria procumbens) betrachten, deren Schreibweise vielen beim Abschlussquiz Kopfzerbrechen bereitete. Am Gipfel angekommen, wurde mit Ausblick auf See, Schlucht und Umgebung das Lunchpaket ausgepackt. Als die Wolken immer dichter wurden, ging es wieder bergab und wir wanderten zur Unterkunft zurück. Für uns Studierende galt es dann, die letzten Vorbereitungen für das morgige Abschlussquiz zu treffen und selbst die ein oder andere Pflanze zu wiederholen. Der Abend endete mit einer köstlichen Waffel von Küchenchefin Susi und, nach über 20.000 Schritten, mit einer guten Portion Schlaf.
Freitag, 5. Juli: The Final Countdown
Bei den rund 200 Pflanzen, die wir nun im Laufe der Woche näher kennengelernt haben und dem bereichernden Austausch, den wir mit all den Teilnehmer*innen geführt hatten, war die Zeit wie im Flug vergangen. So stand der letzte Tag schneller bevor, als erwartet und wir starteten nach der Stärkung am reichhaltigen Frühstücksbuffet unsere letzte Wanderung in Richtung Seen-Rundwanderweg. Dieses Mal nahmen wir jedoch eine etwas andere Route und, nachdem wir am Hochmoor vom Mittwoch vorbeigekommen waren, führte uns der Weg in Richtung Schoberriegel. Der Zwischenstopp beim Hochmoor hielt für uns Studierende jedoch noch eine besondere Herausforderung parat: Nun durften wir unser erlerntes Wissen unter Beweis stellen und 25 Pflanzen vom Wegesrand ihren lateinischen und deutschen Namen, sowie ihren Pflanzenfamilien und ein paar charakteristischen Merkmalen zuordnen. Nachdem diese kleine Prüfung bravourös absolviert wurde, machten wir uns auf, um die uns vorausgegangene Gruppe wieder einzuholen. Einige besonders Motivierte erklommen nach kleiner Stärkung noch einen weiteren Gipfel und genossen die Aussicht auf den Eisenhut (in diesem Fall den Berg und nicht die Pflanze). Am Rückweg machten wir dann noch eine gemütliche Kaiserschmarrn-Pause auf einer Almhütte, bevor es wieder zurück zum Hotel ging. Dort erwartete die Gruppe dann, nach unserem letzten köstlichen Abendessen, das Kahoot-Quiz, welches wir Studierende als Überraschung für alle vorbereitet hatten. So durften, nach ein paar gebührenden Dankesworten an unsere Professor*innen, auch alle anderen Teilnehmer*nnen der pharmakobotanischen Exkursion mit ihrem erworbenen Wissen über die Pflanzenwelt glänzen. Wir freuten uns sehr, mit welcher Begeisterung unsere „Prüfung“ angenommen wurde, und dass sie einen unterhaltsamen Abschluss einer wundervollen, lehrreichen Woche bildete.
Ein Bericht von Andrea Apfelthaler, Johannes Gafriller, Johanna Grabner, Alina Marcher, Alina Rose, Julia Schröckenfuchs und Isabella Tenni (Juli 2024)
Stipendien der führenden pharmazeutischen Unternehmen Apomedica GmbH und Gatt – Koller GmbH, der Adler Apotheke und der Österreichischen Gesellschaft für Phytotherapie ermöglichten sieben Pharmazie-Studierenden, an der Pharmakobotanischen Exkursion des Postgraduate Center der Universität Wien teilzunehmen. Die Studierenden teilen hier ihre Eindrücke.