Kaiserschild Lectures: Rückblick Workshop
"Artenschutz in einer wachsenden Stadt: Konfliktlinien und Lösungsansätze"
Nachbericht zum Workshop im Rahmen der Kaiserschild Lectures 2023
Zeit: Dienstag, 23. Mai 2023
Ort: Botanicum im Botanischen Garten der Universität Wien
Im Rahmen der Kaiserschild Lectures 2023 arbeiteten am 23. Mai Studierende verschiedener Fachrichtungen zum Thema „Biodiversität in der Stadt“. Vier Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis skizzierten aktuelle Fragestellungen, die in interdisziplinären Teams erarbeitet wurden. Die Ergebnisse wurden im Anschluss mit Michael Kienesberger, Leiter der Abteilung für Umweltschutz in Wien (MA 22), diskutiert.
Unser herzlicher Dank gilt den vier Workshopleiter*innen für den ausgezeichneten Input:
- David Bröderbauer (Botanischer Garten der Universität Wien)
- Michael Glaser (Department für Botanik und Biodiversitätsforschung, Universität Wien)
- René Hartinger (Ökosoziales Forum Wien)
- Iris Tichelmann (Wiener Umweltanwältin)
- Sowie unseren Special Guest Michael Kienesberger (Leiter der Abteilung für Umweltschutz in Wien - MA 22). Vielen Dank für das offene Gespräch!
Wie können die Anforderungen an eine wachsende Stadt mit dem Schutz der Biodiversität in Einklang gebracht werden? – Interaktiver Austausch zum Thema „Biodiversität in der Stadt“
Die globale Biodiversität gerät zunehmend unter Druck. Städte sind zentrale Experimentier- und Erfahrungsräume für das Zusammenleben von Mensch und Natur. Gleichzeitig stellt die dynamische Bevölkerungsentwicklung in Städten eine große Anforderung an die notwendige Infrastruktur dar, was häufig mit dem Verlust von Lebensräumen einhergeht. Das daraus resultierende Artensterben ist alarmierend. Maßnahmen zum Schutz der globalen Vielfalt stehen im Spannungsfeld mit der Herausforderung, eine funktionierende Infrastruktur für den urbanen Raum bereitzustellen.
Um diesen Herausforderung zu begegnen, beschäftigte sich der Workshop mit dem konkreten Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie der Biodiversitätskrise im urbanen Raum begegnet werden kann. Diskutiert wurden Initiativen zur Stärkung des Artenschutzes und notwendige Systemveränderungen, um dem Artenschutz eine ausreichende Priorität einzuräumen. Darüber hinaus wurden Vorschläge und Strategien erarbeitet, welchen Beitrag jede*r Einzelne im Alltag zum Schutz der Biodiversität leisten kann.
Herzstück des Workshops war die interaktive Zusammenarbeit an aktuellen Problemstellungen zur Biodiversität in der Stadt. In vier thematisch unterschiedlichen Arbeitsgruppen präsentierten die Workshopsleiter*innen David Bröderbauer, Michael Glaser, René Hartinger und Iris Tichelmann konkrete Beispiele aus ihrer beruflichen Praxis und gaben Impulse zu Frage- und Problemstellungen. In Kleingruppen waren die Studierenden gefordert, nach Ideen und Strategien zu suchen, sich auszutauschen und in einem offenen Prozess gemeinsam weiterzudenken.
Interdisziplinärer Austausch: Neue Ideen und ihre Umsetzung in die Praxis
Die Arbeitsgruppe von Michael Glaser widmete sich der Entstehung der Biodiversität in Wien. Konkret wurde der Frage nachgegangen, wie diese erhalten und in weiterer Folge sogar erhöht werden kann. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Neophyten gelegt und welche Rolle sie in diesem Kontext spielen können.
Ausgehend von der Wiener Strategie zur Pestizidreduktion beschäftigte sich die Arbeitsgruppe von René Hartinger mit den vielfältigen Handlungsmöglichkeiten zur Förderung der Biodiversität in der Großstadt Wien. Im Fokus standen konkrete Ideen und Handlungsmöglichkeiten der Teilnehmer*innen für ihr direktes Lebensumfeld: Welche Ideen zur Biodiversitätsförderung gibt es und welche ersten und zweiten Schritte könnten gesetzt werden, um diese Ideen zu verwirklichen?
David Bröderbauer ging mit seiner Arbeitsgruppe der Frage nach, welchen urbanen Raum wir der Biodiversität zur Verfügung stellen. In dicht bebauten Städten gibt es in der Regel keine großflächigen Naturschutzgebiete. Dennoch gibt es viele urbane Flächen, auf denen sich Pflanzen, Tiere und Pilze ansiedeln können: Brachen, Gärten, Mülldeponien und vieles mehr. Diese Flächen können eine große Vielfalt an Lebewesen beherbergen. Wie wichtig diese Brachflächen als Lebensraum für wildlebende Pflanzen und Tiere sind, wird häufig übersehen. Doch wer hat Anspruch auf den Stadtraum und wie werden unterschiedliche Nutzungsbedürfnisse ausverhandelt?
Die Arbeitsgruppe von Iris Tichelmann befasste sich mit Strategien zum Schutz der Biodiversität in der Stadt. Städte ermöglichen ein umweltverträgliches Leben auf engem Raum mit geringer Flächenversiegelung pro Kopf und kurzen Wegen. Doch in einer wachsenden Stadt nimmt die Bevölkerung (und damit der Flächenbedarf) zu, während die zur Verfügung stehende Fläche gleichbleibt. Die Arbeitsgruppe unter der Leitung von Iris Tichelmann ging der Frage nach, wie Biodiversität unter diesen Bedingungen geschützt werden kann, welche rechtlichen Grundlagen es dafür gibt und welche Rolle die Wiener Umweltanwaltschaft dabei spielt. Gemeinsam wurden die unterschiedlichen Bedürfnisse von Bevölkerung und Stadtnatur diskutiert, Zielkonflikte identifiziert und an Lösungsansätzen gearbeitet.
Im Anschluss an die ergiebige Arbeit in den einzelnen Gruppen stieß Michael Kienesberger zu einer offenen Diskussion der Ergebnisse hinzu. So konnten die Studierenden im direkten Austausch erfahren, welche der erarbeiteten Ideen und Strategien von der MA 22 - Umweltschutz aufgegriffen und umgesetzt werden können und auf welche Grenzen und Barrieren die Umsetzung stößt.
Durch die aktive Teilnahme am Workshop konnten die Studierenden den Wert interdisziplinärer Zusammenarbeit unmittelbar erfahren. Sie erhielten Einblicke in die wissenschaftliche und berufliche Praxis und hatten die Möglichkeit, sich mit Studierenden, Forscher*innen und Anwender*innen anderer Disziplinen auszutauschen.